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Deutsche & Boehm-Klarinette

Die Qual der Wahl

Für welches System entscheide ich mich: Für die Boehm-Klarinette oder das deutsche System?

Dies ist meist die erste Frage, die sich angehende Klarinettist:innen stellen müssen. In den meisten Fällen wird man das System wählen, das auch der Lehrer bzw. die Lehrerin spielt, denn dort fühlt sich dieser am wohlsten und kompetentesten. Wo aber genau liegen eigentlich die Unterschiede? Welche sind die speziellen Vorteile der französischen (Boehm-) und der deutschen Klarinette? Gerade Eltern, die noch keine Erfahrung auf diesem Gebiet haben, fühlen sich bei der Flut an Informationen und Zahlen zu den verschiedenen Modellen überfordert und hilflos. Im Folgenden finden Sie eine kleine Aufstellung der zahlreichen Unterschiede.

 

Übersicht:

 

Klappenmechanik

Der grundlegendste und auch offensichtlichste Unterschied besteht in der Anordnung und Gestaltung der Klappen. Anders als bei einer Blockflöte gibt es bei der Klarinette mehr Tonlöcher als Finger vorhanden sind. Diese Tonlöcher sind zum Teil mit gepolsterten Klappen versehen und werden durch das Drücken von Hebeln geöffnet bzw. geschlossen.
 
Typisch für das deutsche System sind dabei die Gleitflächen zwischen den Hebeln, die von den beiden kleinen Fingern bedient werden. Dort sieht man eine kleine Rolle, die es den Fingern ermöglicht, zwischen den Klappen hin und her „zu rutschen“. Einige Tonlöcher haben anstelle von geschlossenen Klappendeckeln so genannte Ringklappen, die wiederum durch die komplizierte Mechanik mit anderen Klappen verbunden sind. So ist das gleichzeitige Schließen mehrerer Klappen durch nur einen Finger möglich.
 
Deutsche Modelle haben 18-22 Klappen (alle Teile der Klarinette, die einen Klappendeckel besitzen) und dazu 4 bis maximal 6 Ringe (Ringklappen). Vorsicht: Die Zählweise der Klappen ist nicht bei allen Herstellern identisch! Bei den preisgünstigeren Instrumenten mit weniger Klappen fehlen meistens einige der so genannten Trillerklappen, die man beim fortgeschrittenen Spiel benötigt. Für die ersten Jahre reicht jedoch auch ein solches Instrument.
Eine Sonderform der deutschen Klarinette ist das (Voll-)Oehler-Modell. Es besitzt unter anderen eine zusätzliche Klappe auf dem Schallbecher zur Klangverbesserung der tiefen Töne.
 
Bei der Boehm-Klarinette fällt auf, dass sie mehr Hebel besitzt als die deutsche Variante. Das „Rutschen“ zwischen den Klappen ist hier nicht nötig. Sie besitzt dagegen aber nur 17 Klappen, wobei sich 11 auf dem oberen und 6 auf dem unteren Mittelstück der Klarinette befinden. Ergänzt werden sie durch 6 Ringe (5 vorne, 1 auf der Rück- seite des Instruments). Die Anzahl der Klappen und Ringe wird in Modellbeschreibungen häufig durch 17/6 angegeben. Es gibt auch Modelle, die 18 oder auch 19 Klappen besitzen. Auf diesen Instrumenten gibt es dann zusätzliche Griffmöglichkeiten zu Tönen (z. B. der Es-Heber). Die Heber der Boehm-Klarinette sind kürzer als beim deutschen Griffsystem und daher nicht ganz so empfindlich.
 
Bei der deutschen und bei der französischen Klarinette gilt gleicher- maßen: Durch die Klappenanzahl lassen sich die Schüler- von den Profi-Instrumenten unterscheiden. Allerdings muss eine höhere Klappenanzahl nicht zwangläufig ein Indikator für hohe Qualität sein. Manche Klappenerweiterungen werden von Klarinettisten auch kritisiert und als eher störend empfunden. Durch geduldiges und eingehendes Ausprobieren und Vergleichen kann man am besten entscheiden, auf welchem Modell man sich am wohlsten fühlt.
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Griffweise

Bedingt durch die abweichende Klappenmechanik sind auch die Griffe der beiden Systeme unterschiedlich. Der größte Unterschied liegt dabei bei den sogenannten Gabelgriffen der deutschen Klarinette, die von Anfängern zu Beginn häufig als unnatürlich und schwierig empfunden werden, an die man sich durch regelmäßiges Üben aber schnell gewöhnt. Auch das „Rutschen“ mit dem kleinen Finger bei einigen Tönen erfordert am Anfang viel Übung und Geduld.
Die Boehm-Klarinette umgeht diese Schwierigkeit durch zusätzliche Hebel, die bei diesen Tönen jeweils zwei unabhängige Griffe ermöglichen, die dann je nach Tonfolge kombiniert werden können.
 
Die Griffe des französischen Systems sind denen des Saxophons sehr ähnlich, so dass ein Umlernen eventuell leichter möglich ist.
Grifftabellen für die beiden Klarinettentypen finden Sie im Downloadbereich.
 
 

Klang

Künstlerisch und musikästhetisch gesehen ist der Klang der wichtigste Unterschied. Während die französische Klarinette sich seit dem 19. Jahrhundert auf der ganzen Welt verbreitet, hält sich im deutsch- sprachigen Kulturraum unerschütterlich das deutsche System, das den deutschen Klangvorstellungen entspricht.
Aus dem einst historischen Klangideal ist heute in Deutschland und Österreich eine Tradition geworden und in vielen Profiorchestern wird daher das deutsche Instrument bevorzugt. Dennoch verbreitet sich auch hier mittlerweile die französische Klarinette parallel zur deutschen.
 
Die Unterschiede im Klang entstehen durch die engere Bohrung der deutschen Klarinette in Kombination mit einem speziellen Mundstück. Dieses hat eine längere Bahn (die Auflagefläche für das Rohrblatt) und braucht daher auch andere Blättchen als das Boehminstrument.
Der Klang der deutschen Klarinette wird als angenehm „dunkel“ und warm empfunden. Schön kräftig – aber nicht schrill, vor allem im tiefen Tonbereich, dem so genannten Chalumeau-Register.
 
Die Boehm-Klarinette dagegen ist für ihren hellen und klaren Klang bekannt und beliebt, der sehr obertonreich ist. Obertöne schwingen bei jedem erzeugten Ton (auch bei der menschlichen Stimme) mit und sorgen für eine bestimmte, charakteristische Klangfarbe. Je mehr Obertöne ein Klangkörper erzeugt, desto brillanter das Klangergebnis. Enthält ein Ton weniger Obertöne, wird er vom Hörer eher als dumpf wahrgenommen. Durch die vielen hohen Anteile wird der Klang der Boehm-Klarinette auch oft als zu scharf empfunden und der gerade durch die „Unschärfe“ entstehende wärmere Ton der deutschen Klarinette bevorzugt. Dies ist aber selbstverständlich eine Frage des Geschmacks und der Hörgewohnheit.
 
Der Klang eines Klarinettisten hängt nicht zuletzt auch von seiner individuellen Spielweise und Klangvorstellung ab. Auch das Mundstück und das Rohrblatt spielen dabei eine große Rolle.
Auch hier lautet die Devise: 
Ausprobieren und vergleichen!

Vorteile der beiden Systeme

Die lange Tradition des deutschen Instruments in Deutschland und Österreich hat zur Folge, dass die meisten Profi-Klarinettisten (d. h. studierte Musiker) eben dieses System gelernt haben und weiterhin spielen. Sie werden ihren Schülern zur deutschen Klarinette raten, da sie durch Studium und Berufserfahrung die verschiedenen Modelle, Spielweisen und Besonderheiten für dieses Griffsystem sehr genau kennen und darauf am effektivsten lehren können. Dennoch sollte jeder Klarinettenlehrer prinzipiell fähig sein beide Systeme zu unterrichten.
Die „Vorherrschaft“ der deutschen Klarinette bewirkt ebenfalls, dass viele Profi-Orchester hierzulande ausschließlich diesen Instrumententyp einsetzen, um dem (historischen) Klangideal gerecht zu werden. Und auch bei Aufnahmeprüfungen mancher Musikhochschulen kann es passieren, dass ein Klarinettist mit einem deutschen System größere Chancen hat als einer mit französischem. Allerdings geht diese Bevorzugung durch die zunehmende Internationalisierung des Musikmarkts tendenziell eher zurück.
Viele Musikliebhaber schätzen die deutsche Klarinette für ihren warmen, dunklen Klang und ziehen sie daher der französischen Variante vor.
 
Für die Boehm-Klarinette spricht auf den ersten Blick der günstigere Preis bei gleicher Qualität. Auch das Zubehör ist etwas günstiger als das der deutschen Klarinette. Zum Vergleich: ein Klarinettenblatt für das Boehm-System kostet zwischen 2,00 und 3,50 €, während das Rohrblatt mit deutschem Schnitt mit 2,80 bis 4,00 € etwas teurer ist. Die Preisunterschiede erklären sich durch die Massenproduktion an Boehm-Klarinetten bzw. deren Zubehör durch die international große Nachfrage. Hersteller deutscher Instrumente bedienen dagegen einen kleineren Markt und müssen daher die hohen Herstellungskosten mit höheren Verkaufspreisen kompensieren. Besonders stark ist der Preisunterschied bei anderen Instrumenten der Klarinettenfamilie wie der Es- oder der Bassklarinette.
 
Die Klarinette mit Boehm-System ist in ihrer Klappenbausweise etwas robuster. Die langen Hebel der deutschen Klarinette verbiegen leichter oder können abbrechen, wenn man unachtsam mit dem Instrument umgeht. Dennoch muss natürlich auch die französische Klarinette mit großer Vorsicht und Sorgfalt behandelt werden, um die komplizierte Mechanik nicht zu beschädigen.
 
Als weiterer Vorteil der Boehm-Klarinette wird häufig das einfachere Griffsystem genannt, das umständliche Griffe (wie Gabelgriffe) und „Rutschen“ zwischen Klappen durch die besondere Mechanik vermeidet.
Auch herrscht bei vielen Musikern die Ansicht vor, dass Boehm-Klarinetten flexibler im Einsatz sind. Sie können neben dem klassischen Bereich auch im Jazz und in der Popmusik eingesetzt werden. Allerdings kann man mit einem entsprechenden Mundstück und Rohrblatt oder einfach durch besondere Spieltechnik auch auf einer deutschen Klarinette ebenso einen „modernen“ und flexiblen Klang erreichen, so dass die Einsatzfähigkeit in verschieden Musik-Genres kein Entscheidungskriterium sein muss.
 
Beide Systeme bieten Vor- und Nachteile. Die Entscheidung für das eine und gegen das andere Instrument liegt am Ende bei dem Schüler selbst oder bei seinem Lehrer.
 
 

Der Wechsel zwischen den beiden Griffsystemen

Es ist immer schwierig sich an Neues zu gewöhnen, wenn man sich davor jahrelang einen bestimmten Bewegungsablauf antrainiert hat. So ist es auch bei der Klarinette: Je länger man sein Instrument gespielt hat, desto schwerer fällt der Umstieg. Es sind auch nicht nur die Griffe, die neu gelernt werden müssen. Auch Mundstück und Rohrblatt unterscheiden sich bei deutscher und französischer Klarinette relativ stark. In manchen Fällen muss sich der Klarinettist einen vollkommen neuen Ansatz (vor allem bei der Lippen- und Kieferstellung) aneignen, was sehr mühselig sein kann, aber nicht unmöglich ist. Auch hier gilt häufig: Kindern fällt der Umstieg leichter als Erwachsenen.