Mark-Anthony Turnage, geboren 1960 in Corringham, studierte am Royal College of Music bei Oliver Knussen, John Lambert und später bei Gunther Schuller. Turnage gehört zu den wichtigsten Musikvermittlern und Klangschöpfern unserer Zeit. Seine Orchester- und Musiktheaterwerke sprechen unmittelbar an und wirken bisweilen provokativ. Durch ihren Bezug zum gesellschaftlichen Leben unserer Zeit wirken sie auf- und anregend und werden auch langfristig wichtige musikalische Dokumente bleiben. Gleichzeitig strahlt seine Musik eine tiefe Emotionalität aus, die häufig aus einer Verlustthematik resultiert.
Einer der wichtigsten Förderer von Turnage war Hans Werner Henze. Als Leiter der Münchner Biennale beauftragte er ihn mit der Komposition seiner ersten Oper. Die triumphale Uraufführung des daraus entstandenen Auftragswerks Greek 1988 und die zahlreichen darauf folgenden weltweiten Inszenierungen begründeten Turnages Ruf als Künstler, der es gewagt hat, sich mit einer einzigartigen Mischung aus Jazz und klassischen Stilen seinen eigenen Weg zwischen Moderne und Tradition zu bahnen.
Die folgenden Orchesterwerke Three Screaming Popes, Kai, Momentum und Drowned Out, sind Früchte seiner Tätigkeit als "Composer in Association" beim City of Birmingham Symphony Orchestra und Simon Rattle von 1989 bis 1993.
Turnages Entwicklung erreichte drei Jahre später einen Höhepunkt mit dem Werk Blood on the Floor, das er im Auftrag des Ensemble Modern komponierte. Geschrieben für John Scofield, Peter Eskine und Martin Robertson zeigt dieses Stück deutlich, dass Turnage ein untrügliches Gespür dafür besitzt, sich von der Spielweise eines Interpreten anregen zu lassen und in enger Zusammenarbeit mit ihnen herausragende Werke zu komponieren. In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre beherrschte das Komponieren von Bühnenwerken Turnages Aktivitäten. Das Hauptwerk war seine zweite abendfüllende Oper The Silver Tassie (entstanden zwischen 1997 und 1999), die im Februar 2000 mit großem Erfolg an der English National Opera uraufgeführt wurde. Sie ist das Ergebnis seiner Arbeit als "Composer in Association" bei der ENO und als Berater bei deren Contemporary Opera Studio. The Silver Tassie wurde sowohl mit dem South Bank Show Award als auch dem Olivier Award for Opera 2001 ausgezeichnet.
Mark-Anthony Turnages Ernennung zum ersten "Associate Composer" des BBC Symphony Orchestra im Jahr 2000, gefolgt von einer Turnage-Woche am Barbican im Januar 2003 kündigten eine neue und nicht weniger produktive Phase an, in der Turnage wieder oft mit Interpreten kreativ zusammenarbeitete. Im Herbst 2002 zog Blood on the Floor unter der Leitung von Simon Rattle auf einem seiner ersten Konzerte als leitender Dirigent der Berliner Philharmoniker vor allem auch jüngeres Publikum an und wurde zum bedeutendsten Projekt der Berliner Philharmoniker in dieser Zeit.
Zu weiteren bedeutenden Werken des neuen Jahrhunderts zählen Bass Inventions, das vom Bassist Dave Holland im Mai 2001 in Amsterdam uraufgeführt wurde und Scorched, das Turnage gemeinsam mit John Scofield für Jazztrio und Orchester geschrieben hat und das im September 2002 von dem hr-Sinfonieorchester und der hr-Bigband unter der Leitung von Hugh Wolff uraufgeführt wurde.
In den Jahren 2004 und 2005 arbeitete Turnage mit der London Philharmonic zusammen woraufhin er dort von 2006 bis 2010 „Composer in Residence“ war. Scherzoid (vor kurzem beim CD-Label des London Philharmonic Orchestra erschienen) wurde gemeinsam mit den New York Philarmonikern zur Uraufführung gebracht. Andere Werke, die Turnages hohes Ansehen in Amerika deutlich machen sind zudem das Bratschenkonzert On opened Ground, das im Jahr 2002 von Yuri Bashmet und dem Cleveland Orchestra uraufgeführt wurde. Ebenfalls von 2006 bis 2010 war Mark-Anthony Turnage Mead Composer in Residence beim Chicago Symphony Orchestra.
Viele von Turnages Werken wurden von Decca, Chandos und Black Box aufgenommen. Scorched, das von der Deutschen Grammophon veröffentlich wurde, wurde für einen Grammy nominiert. Turnage ist zurzeit „Research Fellow“ der Abteilung Komposition am Royal College of Music und wird von Cathy Nelson Artists and Projects vertreten.