Munch-Musik / Orchestermusik I

Die Begriffe "unbeirrbar" und "unbequem" kennzeichnen wohl zutreffend die Musik von Christfried Schmidt. In der DDR war der inzwischen über Sechzigjährige jahrzehntelang ebenso massiven wie unverhohlenen Repressalien durch die Kulturoberen ausgesetzt. Nach der "Wende" traf ihn die Interesselosigkeit derer, die nicht bereit waren, sich auf die Klangfantasien eines Unbeirrbaren einzulassen. Dabei ist Schmidts Musik nicht vordergründig "avantgardistisch", sondern im Gegenteil: Er komponiert in Bahnen einer gleichsam unverstellten Expressivität, die ihn mit den großen Traditionen expressionistischer Musik seit Beginn dieses Jahrhunderts verbinden. Sein bewegender Impuls scheint von der idealistisch gestimmten Absicht im Beethoven'schen Sinne auszugehen, dass Musik den Menschen besser machen solle.
Von dieser Haltung zeugen beide Stücke auf dieser CD, die "Orchestermusik I" aus den Jahren 1985/86 ebenso wie die etwas ältere "Munch-Musik", die im Herbst 1981 beendet worden ist. Die "Munch-Musik" mit dem Untertitel "Orchesterstücke nach Graphiken von Edvard Munch" ist eine Hommage, und zwar nicht nur an den bedeutenden norwegischen Maler und Zeichner. Schmidt projiziert die Bilder von Munch auf einen musikalischen Hintergrund, dessen Webfaden sich aus Elementen des "Tristan" von Richard Wagner entfaltet.
Üppige Klanglichkeit entwickelt sich in der "Orchestermusik I", deren Klangballungen von einem im Innern der Musik rotierenden Motor angetrieben zu sein scheinen. Der Schluss des Stückes führt zu keiner Final-"Lösung", sondern hämmert sich den Hörern als ein einziges großes, bohrendes Fragezeichen ein.