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Werk der Woche – Hans Werner Henze: Pollicino

Die Märchenoper Pollicino von Hans Werner Henze ist seit ihrer Uraufführung mit Inszenierungen in Theatern und Schulen weltweit zum Klassiker geworden. Am 23. Juni feiert das Werk an der Oper Köln Premiere. Auf der Bühne im Staatenhaus stehen Schülerinnen und Schüler des Humboldt-Gymnasiums und der Rheinischen Musikschule Köln sowie Solistinnen und Solisten der Oper Köln. Die Inszenierung stammt von Saskia Kuhlmann, musikalischer Leiter ist Rainer Mühlbach. Tobias Flemming verantwortet das Bühnenbild, Hedda Ladwig die Kostüme.

Nach dem Däumlings-Märchen von Carlo Collodi komponierte Henze Pollicino 1979 bis 1980 in seiner Wahlheimat Italien. Er schrieb das Stück für die Kinder von Montepulciano – dem Ort in der Toskana, wo er  1967 ein Festival für zeitgenössische Musik ins Leben gerufen hatte. Während des Kompositionsprozesses arbeitete Henze eng mit den Kindern zusammen. Er lotete ihre musikalischen Fähigkeiten aus und ließ sich von ihren Sorgen und Wünschen inspirieren. So entstand ein echtes Werk von Kindern für Kinder. Denn bis auf wenige Rollen (Elternpaar, Menschenfresserpaar, Wolf) werden alle Partien von Kindern gesungen und gespielt - gleiches gilt für das Orchester. Auf diese Weise wurde das Werk zu einem generationsübergreifenden pädagogischen Projekt.

Hans Werner Henze – Pollicino: mehr als ein naives Märchen


In der Oper geht es um Leben und Tod, um schwierige Beziehungen zwischen Eltern und Kindern, um Armut und Hunger, um Festhalten und Befreiung aus menschenunwürdigen Verhältnissen. Der kleine Held Pollicino (ital.: Däumling) wird mit seinen Brüdern von den Eltern im Wald zurückgelassen. Unterschlupf finden sie ausgerechnet im Haus des Menschenfressers. Die Brüder verbünden sich mit den Töchtern des Hausherrn und fliehen heimlich. In ihrer Not stehen den Kindern die Tiere des Waldes zur Seite.

Henze weist den Instrumenten in Pollicino klare musikpsychologische Funktionen zu: Die irisierend-schwebenden Klänge der Blockflöten symbolisieren die Seelen der Kinder, die konzertante Violine steht für die erzählende Großmutter, die Gitarre versinnbildlicht Naturempfinden und Ursprünglichkeit, das Harmonium verkörpert die verlogene Welt der Erwachsenen. Durch die Einbeziehung sozialkritischer und satirischer Elemente lassen Henze und sein Librettist Giuseppe Di Leva Pollicino zu mehr als einer naiven Märchenoper werden. So wird beispielsweise das Elend von Pollicinos Familie deutlich als Ergebnis sozialer Ungerechtigkeit gezeigt, und der Menschenfresser ist mit seinen Menschenfresser-Kollegen gewerkschaftlich organisiert und diskutiert am Telefon die nächsten Aktionen gegen die Regierung. Auch die verschiedenen Formen von Arien über Ensembles bis hin zu orchestralen Charakterstücken wie Marsch, Walzer oder Tango erfordern eine tiefgreifende Auseinandersetzung der Kinder mit der Materie: Sie sollen den Umgang mit ihnen unbekannten musikalischen Formen kennenlernen.
„Wenn die Kinder schauspielern, singen und musizieren, erzeugen und hören sie Klänge, denen sie später wieder begegnen werden, in Konzertsälen, hoffentlich auch in Opernhäusern: Klänge unserer Zeit. Musizierend und singend akzeptieren sie, was andere als ungewohnte Töne empfinden, als eine natürliche Tatsache, als einen Teil unserer Realität.” - Hans Werner Henze

Die Produktion in Köln kommt bis zum 30. Juni noch fünf weitere Male auf die Bühne.

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Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

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